Antrag: Vermeidung von Glyphosateinsätzen auf den Flächen der Stadt Weimar

Anfragen und Anträge, Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, eingereicht zur Stadtratssitzung am 20.06.2018

13.06.18 –

Anfragen und Anträge, Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, eingereicht zur Stadtratssitzung am 20.06.2018

Der Stadtrat beschließt:

Die Stadt Weimar verzichtet ab dem 01. Juli 2018 bei allen Flächen unter ihrer Bewirtschaftung inklusive der Bewirtschaftungen durch Eigenbetriebe auf den Einsatz von Herbiziden mit dem Wirkstoff Glyphosat. Zudem sollen private Unternehmen, die Aufträge von der Stadt oder städtischen Eigenbetrieben zur Grün-, Sport- und Verkehrsflächen erhalten, entsprechend vertraglich zum Verzicht auf glyphosathaltige Mittel verpflichtet werden. Bei laufenden Verträgen wird schnellstmöglich auf eine freiwillige Einigung hingewirkt. Der Oberbürgermeister wird darüberhinaus gebeten, auf einen vollständigen Glyphosatverzicht auch bei Gesellschaften mit städtischer Beteiligung bzw. deren Töchterunternehmen hinzuwirken.

Beim Abschluss neuer Pacht- oder Nutzungsverträge für Grünflächen und/oder gemeindliche landwirtschaftliche Flächen und bei der Verlängerung von Verträgen wird eine Klausel eingefügt, mit der sich die Pächterin/der Pächter zum vollständigen Verzicht auf den Einsatz von glyphosathaltigen Mitteln auf diesen Flächen verpflichtet. Diese Vorgabe wird auch bei Verträgen umgesetzt, die eine automatische Verlängerung für den Fall vorsehen, dass keine Kündigung erfolgt.

Die Stadt und ihre Einrichtungen und Eigenbetriebe wirken, u.a. auch bei Informations- oder Beratungsleistungen, nachdrücklich auf den Verzicht glyphosathaltiger Mittel, besonders auch in der privaten Gartenpflege, hin.

Begründung:

Glyphosat ist nicht nur einfach ein Herbizid, sondern auch eine Gefahr für Mensch und Natur: Nach Angaben der Krebsforschungsagentur (IARC) der Weltgesundheitsorganisation gilt Glyphosat als „wahrscheinlich krebserregend“, andere Institute sehen entgegen keine Gefahr für den Mensch. Fakt ist: Glyphosat gehört zu den am besten erforschten Pestiziden. Fakt ist auch: In der Pflanzen- und Tierwelt richtet das Unkrautbekämpfungsmittel erheblichen Schaden an. Die aktuelle Debatte um das Bienen- und Insektensterben sind hierbei nur ein Beispiel. Vor allem die Biodiversität leidet unter dem Einsatz von Glyphosat, da es nicht selektiv, sondern unterschiedslos auf den Stoffwechsel aller Pflanzen einwirkt. Das Bundesumweltamt sorgt sich in mehreren Veröffentlichungen auf dessen Homepage deshalb um die Vernichtung von Kräutern, Wildblumen und Gräsern auf Ackerflächen bzw. auf Grünflächen. Denn damit wird Insekten und anderen Tieren die Lebensgrundlage entzogen. Hier muss auch die Stadt Weimar aktiv entgegenwirken, um die hohe Lebensqualität in unserer grünen Stadt auch in Zukunft für alle Einwohnerinnen und Einwohner zu erhalten – dafür bedarf es auch den Erhalt der Tier- und Pflanzenwelt. Glyphosat kann über Ausschwemmung und Versickerung auch das Oberflächen- und Grundwasser belasten. Die Wirkstoffe gelangen über die Trinkwassergewinnung zurück zum Verbraucher. Somit sind gesundheitliche Belastungen nicht mehr auszuschließen (1). So reichert sich Glyphosat laut Bundesumweltamt auch im Urin von Menschen an (2).

Bereits 2013 hat sich der Bundesrat dafür ausgesprochen, glyphosathaltige Herbizide im Haus- und Kleingartenbereich zu untersagen. In Deutschland haben bekannte Garten-Landschaftsbaumärkte wie toom, OBI und Bauhaus angekündigt, Glyphosatprodukte aus ihrem Sortiment zu nehmen. Aber immer noch sind aktuell 37 Pflanzenschutzmittel von 12 Firmen mit Glyphosat zugelassen, die unter 105 Handelsnamen häufig sogar online vermarktet werden (3). Befürchtet wird, dass glyphosathaltige Unkrautvernichtungsmittel z.B. im privaten, kleingärtnerischen Bereich noch zu häufig und dann oft unsachgemäß angewandt werden. Die Zulassung des Total-Herbizids Glyphosat durch den EU-Ministerrat um weitere fünf Jahre hat fatale Folgen für die Tier- und Artenvielfalt sowie den Gewässerschutz. Gesundheitliche Nachteile für den Menschen können nach wie vor nicht ausgeschlossen werden. Daran wird auch die nach EU-Recht vorgeschriebene Überprüfung der Zulassung und der Anwendungsbedingungen solcher Produkte auf Ebene der Mitgliedsstaaten ab 2019 nichts ändern.

Erfreulicherweise hat Frankreich bereits angekündigt, in spätestens drei Jahren Glyphosat zu verbieten. Von Seiten der Bundesregierung wird ein Verbot bisher jedoch nicht in Erwägung gezogen. Thüringen hat dagegen Ende 2017 eine Bundesratsinitiative gestartet, den Glyphosatzeinsatz bundesweit einzuschränken. Aber auch Städte und Kommunen in Deutschland haben begonnen ähnlich lautende Beschlüsse zu beraten und zu beschließen.

Die Stadt Weimar nimmt dieses Handeln zum Vorbild und möchte mit diesem Beschluss und der anschließenden Umsetzung gemäß dem Vorsorgeprinzip ihrer Mitverantwortung für den Umweltschutz, der Erhalt der Biodiversität auf ihrem Stadtgebiet und den Gesundheitsschutz gerecht werden.

1) https://umwelt.hessen.de/pressearchiv/pressemitteilung/hessen-reagiert-auf-risiken-von-glyphosat

2) https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/376/dokumente/glyphosat-gehalt_in_urinproben_der_umweltprobenbank_im_zeitlichen_verlauf_2001_bis_2015.pdf

3) https://www.bvl.bund.de/DE/08_PresseInfothek/01_FuerJournalisten/01_Presse_und_Hintergrundinformationen/04_Pflanzenschutzmittel/2017/2017_12_01_Glyphosat.html

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