Antrag: Artenvielfalt bewahren, Insektensterben stoppen

Anfragen und Anträge, Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, eingereicht zur Stadtratssitzung am 21.09.2022

07.09.22 –

Anfragen und Anträge, Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, eingereicht zur Stadtratssitzung am 21.09.2022

Der Stadtrat beschließt:
Die Stadtverwaltung wird beauftragt, ein umfassendes Paket an Maßnahmen zum Insektenschutz auf den Weg zu bringen. Dieses soll insbesondere folgende Aspekte beinhalten:

  1. Bienenfreundliche Grünflächen: Die städtische Grünflächenbewirtschaftung ist auf ihre Insektenfreundlichkeit zu überprüfen (beispielsweise die Reduzierung der Beräumung allen Laubs und kleinerer Totholzstücke, die Verlängerung der Mähintervalle auf geeigneten städtischen Wiesen- und Rasenflächen, Umstellung auf Teilmahd oder das Belassen von Blührandstreifen an Liegewiesen). Bei Pflanzungen werden überwiegend insektenfreundliche, heimische Pflanzen genutzt. Pflege und Anlage von bienenfreundlichen Blühwiesen im Stadtgebiet werden ausgeweitet. Auch das Anlegen von Hecken sowie die Pflanzung von Sträuchern bekommt im Rahmen von Grünflächenneugestaltungen einen größeren Stellenwert. Entsprechender finanzieller Mehrbedarf ist im Haushalt einzuplanen. Mit weiteren großen Grünflächenbewirtschaftern wie dem Stadtverband der Kleingärtner, der Klassik Stiftung Weimar sowie den Wohnungsunternehmen sollen Gespräche zur Umstellung auf eine naturverträgliche Grünflächenbewirtschaftung geführt werden.
  2. Die Stadt stellt Informationen zum Thema bereit und bewirbt diese über ihre Kanäle der Öffentlichkeitsarbeit. Dabei werden Privatpersonen zum einen dazu bewegt, ihre Gärten naturnäher und insektenfreundlicher zu bewirtschaften, und zum anderen für Baumscheibenpatenschaften in ihrer Nachbarschaft gewonnen. Dadurch werden weitere Blühflächen in der Stadt gewonnen.
  3. Bei der Umrüstung von Leuchtmitteln im öffentlichen Raum ist auf eine insektenfreundliche Lichtfarbe bis maximal 2700 Kelvin zu achten. Auch auf andere Immobilieneigentümer*innen ist durch Gespräche darauf hinzuwirken. Außerdem wird geprüft, welche Lichtquellen in der Stadt nachts ausgeschaltet, gedimmt, auf Bedarfsleuchten umgestellt oder konsequenter nach unten ausgerichtet werden können, um Lichtverschmutzung zu minimieren.
  4. An stadteigenen Gebäuden sowie den Gebäuden städtischer Unternehmen soll vermehrt Fassadenbegrünung zum Einsatz kommen. Auch Hauseigentümer*innen sollen durch Beratung und Informationsbereitstellung zum Einsatz von Fassadenbegrünung angeregt werden.
  5. Mit den Pächter*innen von landwirtschaftlichen Flächen im Eigentum der Stadt sollen Gespräche geführt werden, wie die Bewirtschaftung der Flächen insektenfreundlicher gestaltet werden kann, beispielsweise durch Verzicht auf oder Reduzierung von Insektiziden und insbesondere Neonicotinoiden, das Anlegen von mehrjährigen Blühstreifen und feldbegleitenden Hecken.

Begründung:

Der Zustand unserer Arten ist in einem bedrohlichen und besorgniserregenden Zustand. Deutschlandweit, so auch in Thüringen, wird ein Rückgang der Insektenbiomasse sowie der Artenvielfalt festgestellt. Laut der sogenannten „Krefelder Studie“ beispielsweise ist die Insektenbiomasse seit 1989 deutschlandweit um mehr als 75 Prozent zurückgegangen. In Thüringen gelten laut der Roten Liste des Thüringer Umweltministeriums mehr als 40 % der heimischen Tier- und Pflanzenarten als gefährdet. Hauptgründe für das Artensterben sind der Einsatz von Pestiziden, aber auch der Verlust von Lebensräumen. Die Biodiversität ist jedoch eine wichtige Grundsäule eine funktionierenden Umwelt, auch in der Stadt. Insekten nehmen dabei eine zentrale Rolle ein – sie sind Hauptnahrung für Vögel und Kleinsäuger und erbringen wichtige Bestäubungs- oder Zersetzungsfunktionen, außerdem garantieren sie die Bodenfruchtbarkeit und sind wichtige Nützlinge in der Landwirtschaft. Rund 80 Prozent unserer heimischen Pflanzen werden von Insekten bestäubt. Davon profitieren vor allem Landwirtschaft und Gartenbau. Bestäuberinsekten schaffen damit allein in Deutschland eine jährliche Leistung von 3,8 Milliarden Euro, so Forscher der Universität Hochheim (Lippert et. Al in: Ecological Economics, Volume 180, Februar 2021).

Um das Artensterben zu stoppen und damit auch die Lebensgrundlage für uns Menschen zu sichern muss daher jeder Mensch, jedes Land und auch jede Kommune einen Beitrag zum Arten- und Naturschutz leisten. Mit ein paar einfachen Maßnahmen kann die Stadt einiges dazu beitragen, den Artenschutz in der Stadt signifikant voranzubringen – und damit nicht nur die ökologisch, sondern auch die wirtschaftliche Grundlage der Stadt zu sichern.

 

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Anfragen und Anträge | Umwelt

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