Anfrage: Neun-Euro-Ticket-Erfolg verstetigen

Anfragen und Anträge, Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, eingereicht zur Stadtratssitzung am 21.09.2022

07.09.22 –

Anfragen und Anträge, Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, eingereicht zur Stadtratssitzung am 21.09.2022

Das Neun-Euro-Ticket hat bundesweit dazu geführt, dass wesentlich mehr Menschen den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) genutzt haben. Der Verband deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) errechnete, dass dadurch circa 1,8 Millionen Tonnen CO2 eingespart werden konnten. Das günstige und bundesweit einheitliche Ticket hat gezeigt, dass ein großer Bedarf an kostengünstiger und unkomplizierter Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs besteht. Vielerorts waren die Kapazitäten jedoch nicht auf den hohen Mobilitätsbedarf ausgelegt.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Weimarer Stadtrat fragt daher:

1. Welche Schlussfolgerungen zieht die Stadtwirtschaft Weimar aus den Erfahrungen mit dem  Neun-Euro-Ticket für die weitere Unternehmensstrategie im Bereich Nahverkehr?

Antwort: Das 9 Euro Ticket führte zu einer starken Erhöhung der Fahrgastzahlen. Mit Ende des 9 Euro Tickets sanken die Fahrgastzahlen wieder deutlich ab.  Trotz der Zunahme an Fahrgästen während der Dauer des 9 Euro Tickets sanken die Fahrgeldeinnahmen signifikant ab. Mit Einführung eines dauerhaft vergünstigten Tickets müssten die Kapazitäten entsprechend erhöht werden. Dies ist jedoch nur bei einer gesicherten Finanzierung möglich.

Im Übrigen haben Studien zur Nutzung des 9 Euro-Tickets ergeben, dass zwar eine Mehrnutzung des ÖPNV stattfand, jedoch nur ein geringer prozentualer Anteil der Fahrten vom Auto auf den ÖPNV verlagert wurden. Eine signifikante Veränderung des Modal Split zugunsten des ÖPNV war nicht feststellbar.

Grundsätzlich ist ein einfacher Zugang zum ÖPNV zu befürworten. Dies ist durch die Einführung eines bundesweit einheitlichen Tickets gegeben. Allerdings sollten vorher die Rahmenbedingungen geklärt und die Finanzierung sichergestellt werden.

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2. Inwieweit waren die örtlichen Nahverkehrskapazitäten nach Ansicht der Stadtverwaltung der erhöhten Nachfrage während der letzten drei Monate gewachsen?

Antwort: Meist waren die vorhandenen Kapazitäten ausreichend. In der Hauptverkehrszeit waren diese Kapazitäten teilweise erschöpft, so dass vereinzelt Fahrgäste nicht befördert werden konnten, insbesondere auf den Linien 1 und 7.

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3. Auf welchen Linien und zu welchen Uhrzeiten war die Nutzung des städtischen Busnetzes in den letzten drei Monaten besonders groß?

Antwort: Zur Hauptverkehrszeiten (6:00 bis 19:00 Uhr) war eine verstärkte Nutzung auf allen Linien festzustellen. In den Nebenverkehrszeiten beschränkte sich die verstärkte Nutzung meist auf die Linien 1 und 7.

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4. Welche zusätzlichen Aufwendungen wären aus Sicht der Stadtverwaltung nötig, um einen adäquaten Kapazitätsausbau des örtlichen Busnetzes voranzubringen?

Antwort: Um einen Kapazitätsausbau verwirklichen zu können bedarf es einer Angebotserweiterung.
Dies ist nur möglich durch erhebliche Investitionen in Fahrzeuge, Fahrpersonal und Infrastruktur. Für die Beschaffung eines dieselbetriebenen Fahrzeuges sind überschlägig mind. 250.000 € zu veranschlagen, Fahrzeuge mit einer wasserstoffbetriebenen Antriebstechnik dürften künftig voraussichtlich trotz Förderung noch um rd. 150.000 € teurer sein. Die Stadtwirtschaft GmbH geht davon aus, dass die hohen Förderquoten, die aktuell in der Tat die Beschaffung wasserstoffbetriebener Fahrzeuge günstiger machen als die Beschaffung von Dieselbussen, künftig nicht mehr gehalten werden können.
Für eine Personalstelle beim Buspersonal ist im überschlägigen Mittel mit 50.000 € zu rechnen. Zusätzlicher Aufwand für Ausstattung, Wartung und Unterhaltung sowie Aufwüchse beim Overhead sind noch hinzuzurechnen.
Für die Errichtung einer barrierefreien Bushaltstelle veranschlagt das Tiefbauamt zum jetzigen Zeitpunkt ca. 80 bis 100 T€ für Ausbau inkl. Wartehäuschen
Die zusätzlichen Kosten sind vor dem Hintergrund eines bereits bestehenden Defizits der Sparte „Verkehr“ zu bewerten. Mit den Erlösen aus dem Ticketverkauf und den Ausgleichszahlungen des Freistaats Thüringen erreichte die Sparte Verkehr in den Jahren vor der Corona-Pandemie durchschnittlich einen Deckungsgrad von 85 %. Auf das Jahr 2019 bezogen bedeutete dies einen Fehlbetrag in Höhe von ca. 1,5 Mio. €

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5. Welche Initiativen plant die Stadtwirtschaft Weimar, um möglichst viele Fahrgäste auch nach dem Geltungszeitraum des Neun-Euro-Tickets als Kund*innen zu halten?

Antwort: Aufgrund unserer Mitgliedschaft im Verkehrsverbund Mittelthüringen (VMT) sind singuläre Maßnahmen für Weimar nicht sinnvoll. Im VMT gibt es bereits seit 01.08. bis 31.10.2022 eine Abo-Aktion in der Neuabonnent*Innen einen einmaligen Bonus in Höhe von 35 € erhalten, um die Bürger*innen langfristig an den ÖPNV zu binden.

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[Anfrage der Fraktionen CDU und bürgerbündnis weimarwerk/FDP und Antwort lesen, PDF]

 

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Anfragen und Anträge | Verkehr