Rede zum neuen Radverkehrskonzept

Rede, Stadtratssitzung, 31.01.2018 Andreas Leps, Fraktionsvorsitzender Bündnis 90/DIE GRÜNEN

01.02.18 –

Rede, Stadtratssitzung,  31.01.2018

Andreas Leps, Fraktionsvorsitzender Bündnis 90/DIE GRÜNEN

- Es gilt das gesprochene Wort -
(Anrede)

Weimar bekommt ein neues Radverkehrskonzept - das ist für mich der Satz des Tages, weil es ein so lang entbehrter Satz war.

Das erste Radverkehrskonzept, es war richtungweisend, ist aus 1997. Als es damals im Wirtschafts- und Umweltausschuss vorgestellt wurde, war war als junger Sachkundiger Bürger für Bündnis 90/DIE GRÜNEN dabei. Seitdem begleite ich auch die Umsetzung.

20 Jahre hat es gedauert, bis etliche Maßnahmen daraus umgesetzt waren und uns ein neues Konzept vorliegt. Zwanzig Jahre sind auch in der Verkehrspolitik eine sehr lange Zeit – außer man ist Autobauer bei VW - Wir waren lange nicht mehr auf der Höhe aktueller Gegebenheiten. Hoffentlich dauert es nicht wieder so lange bis zum nächsten Konzept.

Zahlen

Knapp 50 % aller Weimarer*innen haben ein Auto. Das ist eine rein statistische Zahl, sie besagt nicht mehr und nicht weniger, als das rund 28000 Autos in Weimar zugelassen sind (Stat. Jahrbuch 2016). Das ist viel und wenig zugleich.

Viel – denn die Zahl der Autos hat man im Kopf, die wollen irgendwo fahren und irgendwo stehen. Denn – auch das ist statistisch erwiesen, jedes dieser 28.000 PKWs steht rund 23 Stunden am Tag.

Gleichzeitig, auch das sagen die Statistiker, sinkt die Zahl der gefahrenen Kilometer seit Jahren, besonders im Osten. Das hängt ganz wesentlich mit dem steigenden Altersdurchschnitt zusammen.

Ältere Menschen haben häufiger ein Auto, fahren aber weniger als diejenigen, die im Berufsleben stehen oder Kinder haben. Das kann man auch an Weimars Verkehrsstatistik ablesen, seit dem Referenzjahr 2000 sinkt der Verkehr langsam zwar, aber stetig – bei leicht steigender Bevölkerungszahl.

Weit weniger Zahlen zu Fahrrädern.

Bei einer Umfrage der GRÜNEN LIGA Anfang der 2000er Jahre zum Car-Sharing-Bedarf stach ein Ergebnis heraus: Einer hatte angegeben, er hätte 1 Auto, aber in seiner Garage würden 49 Fahrräder stehen.

Das Stat. Bundesamt rechnet mit 73 Mio Fahrrädern in Deutschland bei 82,6 Mio. Einwohnern. Auf Weimar übertragen hieße das abgerundet 57.000 Fahrräder. Das sind 57.000 potentielle Radfahrerinnen und Radfahrer. 57.000 direkte Nutznießer des Radverkehrskonzeptes, und insgesamt rund 65.000 indirekte Nutznießer – alle nämlich.

Wenn Sie die 57.000 Menschen fragen, ob Weimar eine fahrradfreundliche Stadt ist – Ganz wenige würden ja sagen.

Jede und jeder wird individuelle Gründe dafür angeben.

Aber in einem werden sie sich einig sein – es ist das Klima - das alltägliche zu spürende Klima auf den Straßen und Wegen in unserer Stadt – das den Radfahrer zu schaffen macht.

Das unterscheidet Weimar vor allem von einer fahrradfreundlichen Stadt.

Deswegen ist es richtig, daß das Konzept darauf Augenmerk legt.

Das zwar kürzeste aber wichtigste Kapitel des Konzeptes, die Nr. 3, kaum 2 Seiten stark – enthält die Leitlinien und Ziele. In wenigen Zeilen steckt dort viel drin:

Wofür Radfahren gut ist:

  • Für den Klimaschutz,
  • für die individuelle Freizeit und Gesundheit oder den Weg zur Arbeit,
  • als Tourismus- und damit gerade in Weimar auch Wirtschaftsfaktor,
  • für die Erhöhung der Verkehrssicherheit für alle
  • oder für die individuelle Freiheit der Mobilität.

Darum geht es hier.

Wie sorgen wir dafür, das Radfahren in unserer Stadt eine angemessene Infrastruktur bekommt – dafür gibt es in dem Konzept viele gute Maßnahmen.

Wie sorgen wir dafür, das sich Männer, Frauen und Kinder in unserer Stadt sicher, d.h. ungefährdet und unbedrängt mit dem Fahrrad bewegen können - das kann nur teilweise in dem Papier stehen - denn das bestimmen vor allem wir, wir VerkehrsteilnehmerInnen, Männer und Frauen, wir alle.

Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht. Jeder Verkehrsteilnehmer hat sich so zu verhalten, dass kein anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird.
(Erste Sätze der Straßenverkehrsordnung)

Oder um es mit einem von Rosa Luxemburg geborgten und abgewandelten Spruch zu sagen: Freiheit ist immer die Freiheit der anderen Verkehrsteilnehmer.
Oder auch: Die eigene Sicherheit ist immer nur die Sicherheit der anderen Verkehrsteilnehmer.

Darum geht es in dem Papier.

Die Kapitel nach dem dritten enthalten dann viele Maßnahmen – von Wegebau, Ausschilderungen, Einbahnstraßenöffnungen.
Sie sehen, ich habe hier viele Klebezettel dran. Das sind alles unsere Anregungen.

Von Frauenplan, Wielandplatz, Sophienstiftsplatz, Schwanseestraße, Fußgängerzone und weiter zu diesen Punkten kommen jetzt Ausführungen.

Denn eigentlich ist das ein gutes Konzept. Deswegen gilt unser Dank zuerst und ganz wesentlich Erhard Dunkel. Der als städtischer Verkehrsplaner demnächst aufhören wird.
Der es gerade mit uns Grünen nicht einfach hatte – weil wir ihn immer wieder gedrängelt haben. Wenn das das Vermächtnis Deiner Arbeit ist – so wollen wir gemeinsam mit der Nachfolgerin für eine schnelle und umfassende Umsetzung sorgen: Danke für die geleistete Arbeit.

Gemeinsam – heißt auch Dank an die AG Radverkehr, die seit ganz vielen Jahren in wechselnder Besetzung im Hintergrund arbeitet, manch Verbesserungen für den Radverkehr in den letzten Jahren rausgeholt hat.

Apropo: Aus der gestrigen Sitzung der AG darf ich verkünden, daß sich bei den unsäglichen 50 m am Frauenplan vor dem Wielandplatz eine Lösung anbahnt. - Wenn das so kommt, wie ich hörte – sage ich Daumen hoch.

Und beim Sophienstiftsplatz haben wir uns hier alle in die Hand geschworen, daß die Verbesserungen für Fußgänger und Radfahrer mindestens gleich hohe Priorität haben wie die Bedürfnisse der Motorisierten. Da bleiben wir gespannt.

Das Beispiel Sophienstiftsplatz zeigt aber auch, daß die Schwarmintelligenz der engagierten Bürgerschaft von Nutzen sein kann. Geübt wurde das aber eigentlich beim Radverkehrskonzept. Hier gab es über Jahre mehrere Runden, die wesentlich zum Gelingen beigetragen haben.

Meine Damen und Herren, was lange währt, was lange währt - wird endlich – ja, gut!

Wir sehen das vorgelegte Konzept als ein Konzept auf den Weg.
Wir haben uns damit einiges für die nächsten Jahre vorgenommen.
Mit der Umsetzung des Konzept nähern wir uns modernen Verkehrsverhältnissen an – Endlich!

Sie können mir glauben, wenn ich Ihnen hier verspreche, das wird in den nächsten Jahren ein Schwerpunkt unserer Nachfragen in Rat oder Ausschuss werden.

Lassen Sie es uns einfach umsetzen. Lassen Sie uns nicht wieder 20 Jahre auf eine Fortschreibung warten. Machen wir uns auf den Weg zu einer fahrradfreundlichen Stadt Weimar.

Lassen Sie uns einfach zustimmen.

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