Anfrage: Zehn Jahre Istanbul-Konvention - Was tut Weimar zur Verhinderung der Gewalt an Frauen?

Anfragen und Anträge, Gemeinsame Anfrage der Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und DIE LINKE. eingereicht zur Stadtratssitzung am 08.12.2021

24.11.21 –

Anfragen und Anträge, Gemeinsame Anfrage der Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,  SPD und DIE LINKE. eingereicht zur Stadtratssitzung am 08.12.2021

Vor zehn Jahren, im Jahre 2011, hat der Europarat die Konvention zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt, kurz Istanbul-Konvention, beschlossen. Auch Deutschland ist dem Abkommen beigetreten und hat dieses in deutsches Recht umgesetzt. Das Ziel dieser europaweiten Übereinkunft ist es, "Frauen vor allen Formen von Gewalt zu schützen und Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt zu verhüten, zu verfolgen und zu beseitigen", Diskriminierung von Frauen abzubauen und durch Aufklärung und Bildungsmaßnahmen zu Verhaltensänderungen zu bewegen. Alle staatlichen Ebenen, so auch die Kommunen, sind dazu aufgerufen, die erforderlichen Maßnahmen umzusetzen, denn auch in Weimar werden Frauen Opfer häuslicher Gewalt und von Diskriminierungen.

Die Fraktionen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und DIE LINKE fragen daher die Stadtverwaltung:

  1. Was hat die Stadtverwaltung in den letzten Jahren mit wie viel finanziellen Mitteln und wie vielen Personalstellen konkret getan, um die Istanbul-Konvention umzusetzen?
  2. Welche Angebote zur Prävention geschlechtsspezifischer Gewalt bzw. zur Täterarbeit gibt es in Weimar? Bitte nach Zielgruppen aufschlüsseln (Kinder, Jugendliche, Erwachsene).
  3. Welche Bildungs- und Öffentlichkeitsmaßnahmen gibt es, um gesamtgesellschaftlich Verhaltensänderungen zu bewirken sowie von Gewalt betroffene Frauen über Anlaufstellen aufzuklären?
  4. Welche Fortbildungen für Angestellte der Stadtverwaltung gab es seit 2018 zu den in der Konvention vorgesehenen Themen der Verhütung und Aufdeckung geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt, zur Gleichstellung von Frauen und Männern, zu den Bedürfnissen und Rechten der Opfer sowie zu Wegen zur Verhinderung der sekundären Viktimisierung?
  5. Inwiefern und ggf. bis wann plant die Stadtverwaltung einen eigenen Aktionsplan beziehungsweise eine Gesamtstrategie zur Umsetzung der Istanbulkonvention in Weimar?

Mehr Informationen: https://www.unwomen.de/informieren/internationale-vereinbarungen/die-istanbulkonvention.html

Die Antworten der Stadtverwaltung in der Stadtratssitzung am 26.01.2022:

Frage 1: Was hat die Stadtverwaltung in den letzten Jahren mit wie viel finanziellen Mitteln und wie vielen Personalstellen konkret getan, um die Istanbul-Konvention umzusetzen?
Antwort: Die Istanbul-Konvention sieht u.a. die Hilfe im Zugang zu Unterbringungsmöglichkeiten (Einrichtung von Frauenhäusern) vor. Die Stadt Weimar hält seit langem ein Frauenhaus vor. Hierfür wurden jährlich 89.398 € durch die Stadt Weimar aufgewendet. Diese werden u.a. zur Finanzierung des Frauenhauses sowie für die ambulante Beratungs- und Betreuungsleistung mit insgesamt 2,875 VbE eingesetzt. Im Jahr 2021 sind weitere, vom Stadtrat beschlossene, 15.000 € zur Finanzierung des Frauenhauses vorgesehen. Zudem erfolgt durch den Freistaat Thüringen die Finanzierung des weiteren Fachpersonals für den 24stündigen Notrufdienst, die Angebotsvernetzung und Prävention.

Frage 2: Welche Angebote zur Prävention geschlechtsspezifischer Gewalt bzw. zur Täterarbeit gibt es in Weimar? Bitte nach Zielgruppen aufschlüsseln (Kinder, Jugendliche, Erwachsene).
Antwort: Als Verwaltung sehen wir uns nicht in der Lage, Ihre Frage im Detail zu beantworten. Wir gehen jedoch davon aus, dass in der Arbeit mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen sehr wohl auch präventiv gearbeitet wird.
Diese Angebote werden von den Freien Trägern, Institutionen usw. selbst initiiert und sind nicht meldepflichtig.

Frage 3: Welche Bildungs- und Öffentlichkeitsmaßnahmen gibt es, um gesamtgesellschaftlich Verhaltensänderungen zu bewirken sowie von Gewalt betroffene Frauen über Anlaufstellen aufzuklären?
Antwort: An relevanten Plätzen in unseren Räumlichkeiten (Fluren) werden Materialien zum Thema angeboten. Dies auch mehrsprachig.
Je nach Bedarf klären Beratungsstellen spezifisch auf.
Wir zählen hierzu auch Anzeigen, die von anderen Stellen beauftragt werden. Hinweise auf Hilfetelefone usw.
Aufklärung erfolgt über verschiedene Kanäle und Medien, je nach Zielgruppe oder Beratungsbedarf.

Frage 4: Welche Fortbildungen für Angestellte der Stadtverwaltung gab es seit 2018 zu den in der Konvention vorgesehenen Themen der Verhütung und Aufdeckung geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt, zur Gleichstellung von Frauen und Männern, zu den Bedürfnissen und Rechten der Opfer sowie zu Wegen zur Verhinderung der sekundären Viktimisierung?
Antwort: Spezifische Weiterbildungen für alle Mitarbeiter im Zusammenhang mit den speziell genannten Themen wurden nicht durchgeführt und sind bisher auch nicht geplant. Das Thema ist besonders relevant für Arbeitsbereiche des Amtes 50.00. Die Mitarbeiter/innen des Familienamtes nehmen deshalb regelmäßig an extern angebotenen Schulungen und Weiterbildungen teil, da dies für deren Tätigkeit sowieso notwendig ist.
Inhouse-Seminare für bestimmte Arbeitsbereiche zu den Themen Gewaltprävention, Deeskalation und sexueller Belästigung am Arbeitsplatz wurden und werden dagegen organisiert.

Frage 5: Inwiefern und ggf. bis wann plant die Stadtverwaltung einen eigenen Aktionsplan beziehungsweise eine Gesamtstrategie zur Umsetzung der Istanbulkonvention in Weimar?
Antwort:
Einen befristeten Aktionsplan zur Umsetzung der Istanbul Konvention plant die Stadt derzeit nicht.
Seit Jahren arbeitet zum Thema Häusliche Gewalt ein Arbeitskreis. Dieser setzt sich multiprofessionell zusammen (Beratungsstellen, Justiz, Polizei, Verwaltung).
Das Gleichstellungsbüro nutzt Kooperationen, Netzwerke und eigene Projekte, um Themen wie Diskriminierung, Rollenbilder und deren Wandel mit Erwachsenen zu reflektieren.
Gewaltschutz ist Gemeinschaftsaufgabe. Dieser Aufgabe werden viele Mitarbeiter*innen auf verschiedensten Ebenen gerecht.
Der Arbeitskreis Häusliche Gewalt fungiert quasi als Aktionsbündnis und dessen Arbeit wirkt in die Stadt hinein.

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