

20.11.25 –
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
liebe Gäste,
ich darf heute stellvertretend für Dirk Rühling sprechen, der aus gesundheitlichen Gründen heute nicht hier sein kann. Deswegen werde ich für unsere Fraktion noch einmal Stellung nehmen.
367 Kinder sind bekanntlich 2024 in Weimar geboren, und es sieht nicht so aus, als ob wir diese Zahl in diesem Jahr überbieten könnten. Das ist ein Rückgang von 40 % in zehn Jahren. Wir befinden uns mitten in einem demografischen Umbruch der Gesellschaft, der so schnell nicht umkehrbar sein wird. Das bedeutet einiges für unsere Stadt, unsere Stadtgesellschaft und natürlich für unsere politischen Entscheidungen. Es ist an uns, die Verantwortung zu übernehmen und unliebsame, aber notwendige Entscheidungen zu treffen.
Ich glaube, ich spreche für einige, wenn ich sage: Das ist eine der schwierigsten Entscheidungen, die wir hier in den letzten Jahren zu treffen hatten.
Ich denke, wir alle wollen gut ausgestattete Kindergärten mit einer hohen Betreuungsqualität, genug Fachkräften und vor allem sanierten Kitagebäuden. Das zu erreichen, ist unser gemeinsames Ziel – das ist aber gleichzeitig nicht leicht. Um das zu schaffen, wird es nötig sein, Ressourcen zu bündeln. Einen allzu großen Leerstand an Kitaplätzen, wie wir ihn derzeit in Weimar haben, können wir uns künftig nicht mehr leisten. Weder aus Sicht unserer Stadt, der Stadtverwaltung, des Stadtrates, noch aus Sicht der Träger und Eltern – wenn man ehrlich ist.
Auch Nichtstun ist keine Option, denn dann wird es eine Art unkontrollierte Marktbereinigung geben. Einige Einrichtungen werden schließen müssen, ohne dass wir steuern können, ob die Trägervielfalt oder auch die Verteilung über die Stadt erhalten bleibt oder ob es zukünftig die Angebote geben wird, die wir politisch unterstützen wollen.
Wir mussten auch feststellen, dass die „Rasenmähermethode“ nicht funktioniert – also Plätze prozentual über alle Einrichtungen hinweg abzubauen, um alle Einrichtungen zu erhalten. Denn sie wird weder die notwendige Kostenentlastung bringen noch die Fachkräfte in den Kindergärten bündeln, die erhalten bleiben. Denn auch das ist eine Konsequenz aus dem heutigen Beschluss: dass wir die Einrichtungen, die bestehen bleiben, stabilisieren.
Ich verstehe alle betroffenen Eltern, die angesichts der Situation für ihre Kinder aufgebracht oder besorgt sind. Auch wenn wir nicht immer einer Meinung sind, möchte ich an dieser Stelle einmal den großen Einsatz würdigen, den Sie gezeigt haben, und mit dem sie sich für ihre Kinder stark gemacht haben. Das verdient Anerkennung.
Trotzdem müssen wir hier im Stadtrat tragfähige Lösungen für alle Familien finden, und ich verstehe, dass Schließungen von Einrichtungen aus Sicht der Betroffenen immer ungerecht sind und sich ungerecht anfühlen müssen – gerade wenn die Frage gestellt wird: Warum trifft es unsere Einrichtung und nicht eine andere? Aber genau deshalb haben wir im Jugendhilfeausschuss diese Matrix entwickelt, um Kriterien zu haben. Über diese Kriterien kann man sicherlich diskutieren, doch die Matrix wurde mit relativ großer Einigkeit beschlossen.
Trotzdem denke ich, dass wir die Kritik, die von Eltern geäußert wurde, ernst nehmen sollten. Rückblickend würde ich sagen, es gab zu wenig Informationen und öffentliche Beteiligung im Vorfeld der Diskussion. Wir können das nicht allein auf ehrenamtliche Schultern abwälzen; auch eine Stadtverwaltung muss sich dieser Aufgabe annehmen. Denn auch wenn der Jugendhilfeausschuss öffentlich tagt und eben nicht „im stillen Kämmerlein“ entschieden wurde, braucht es Beteiligung im Vorfeld, die die Betroffenen mitnimmt und die Rahmenbedingungen transparent macht.
Auch sehen wir die Kritik an der Nachvollziehbarkeit mancher Datengrundlagen, insbesondere bei den Investitionskosten, als berechtigt an. Doch das ändert aus unserer Sicht nichts daran, dass die grundsätzliche Entscheidung notwendig bleibt – auch wenn sie schmerzhaft ist.
Es wäre wünschenswert, wir würden den Rückgang der Geburtenzahlen gemeinsam dafür nutzen, die Qualität unserer Kindergärten weiter zu verbessern, indem wir den Personalschlüssel optimieren (das hat das Land ja noch auf den letzten Metern unter Rot-Rot-Grün getan) oder den Kindern mehr Fläche zur Verfügung stellen. Aber das können wir als Stadt allein nicht stemmen; dafür braucht es auch die Landesgesetzgebung, die hier mitzieht und einen Teil der Kosten übernimmt.
Für die Zukunft bleibt für uns BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN wichtig, dass Kindergärten auch in Wohnortnähe verfügbar sind – und natürlich auch die Qualität der Einrichtungen. Es bleibt aber auch unsere Aufgabe als Stadtrat, weiter daran zu arbeiten, dass Weimar eine kinder- und familienfreundliche Stadt ist. Und das misst sich nicht nur an den Angeboten an Kindergartenplätzen, sondern auch daran: Haben wir gute Schulen? Haben wir sichere Wege für Kinder und Jugendliche? Haben wir genügend Spielplätze, öffentlichen Raum für Kinder und Jugendliche und ausreichend Angebote?
Ich hoffe sehr, dass wir in Zukunft weiter daran zusammenarbeiten.
Vielen Dank.
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