Der neue Innenstadt-Bus absolvierte seine Jungfernfahrt

Pressebericht, Thüringer Allgemeine und Thüringische Landeszeitung, 30.03.2015

30.03.15 –

Pressebericht, Thüringer Allgemeine und Thüringische Landeszeitung, 30.03.2015

Halbstundentakt zwischen Bahnhof und Schloss. Im Herbst soll eine erste Zwischenbilanz vorgenommen werden

Von Sabine Brandt

Weimar. Gewöhnlich wird zu Pressekonferenzen nicht vor 10 Uhr eingeladen, und auf Sonntage werden solche Termine auch nur in äußerst dringenden Fällen gelegt. Wenn also die Stadtwirtschaft an einem Sonntag, 9.45 Uhr, zum Ortstermin einlädt, dann muss etwas Großartiges im Gange sein.

Etwas, das den öffentlichen Nahverkehr in Weimar mindestens ein Stück weit revolutioniert. Vom erweiterten Abendverkehr in die Weimarer Ortsteile (unsere Zeitung berichtete) und von der neuen Innenstadtlinie 5c versprechen sich die Stadtwirtschaft, die Touristiker und insbesondere die Weimarer Grünen mehr Flexibilität und Mobilität in der Kernstadt, also dort, wo der Stadtbusverkehr bislang einen Bogen drumrum machte. Zwischen 9.45 und 17.45 Uhr rotiert wochentags ab sofort alle halbe Stunde ein Bus vom Bahnhof an den Platz der Demokratie und zurück. Dafür wurden eigens drei neue Haltestellen rund um die ehemalige Fürstenresidenz eingerichtet: direkt hinter Goethes Hausgarten, einen Steinwurf von der Anna-Amalia-Bibliothek und am Burgplatz. In seinem gelb-grünen Farbdesign passt das nagelneue Bushaltestellenschild perfekt zum grün-gold-farben gestalteten Westeingang des Schlossmuseums. Nur 27 Minuten – und der Bus hat eine Runde durch die Altstadt gedreht. Die Route verläuft gegen den Uhrzeigersinn. Die andere Richtung kam aus praktischen Gründen nicht in Frage: erstens weil sich in der Gegenrichtung kein Haltepunkt am Platz der Demokratie hätte einrichten lassen, zweitens wegen des engen Kreuzungsradius‘ an der Einmündung des Beethovenplatzes in die Marienstraße, erklärte Kai Stodollik, Leiter des Fahrplanbüros.

Für die Stadtwirtschaft sind die Neuerungen erst einmal ein Kostenfaktor. Spätbus und Innenstadtlinie zusammen schlagen mit rund 200 000 Euro mehr zu Buche. Für die Weimarer Bündnis-Grünen dagegen sind die beiden Angebote nur „ein erster Schritt in die richtige Richtung“, wie es Verkehrsplaner Matthias Altmann ausdrückt: „Wir freuen uns riesig, können uns hier aber noch erheblich mehr Angebote vorstellen“, während für Stadtrat Jan Kreyßig das Glück erst so richtig perfekt gewesen wäre, wenn die neue Linie mit Elektrobussen bedient werden würde.

Aber da sieht Stadtwirtschaft-Geschäftsführer Hans-Joachim Fein sich gezwungen, den Eifer zu bremsen: „Ein normaler Stadtbus kostet uns in der Anschaffung 200 000 Euro. Für einen neuen E-Bus müssten wir 500 000 Euro hinlegen. Aber mit nur einem Fahrzeug würden wir wegen der Stromladezeiten gar nicht auskommen.“ Fein ist zurückhaltend, er will erst abwarten, wie sich der Zuspruch auf die neuen Angebote entwickelt, „wenn die erste Euphorie verflogen ist“. Auf Dauer seien beide Angebote nur „darstellbar, wenn die Zahl zahlender Fahrgäste deutlich steigt“, wenn also dauerhaft mehr Menschen auf die Weimarer Stadtbusse umsteigen.

Den letzten Versuch, die Weimarer dazu zu bewegen, mit dem Bus in die Altstadt zu fahren, stellten die Verkehrsbetriebe vor etwa zehn Jahren ein. Für das nun angelaufene Pilotprojekt soll erstmals im Herbst Zwischenbilanz gezogen werden, sagt Fein. „Wir wollen sowohl die Innenstadtlinie als auch den Spätbus nicht mit unseren gut ausgelasteten Hauptlinien 1 und 7 vergleichen. Aber sie sollten mittelfristig schon etwa im gleichen Umfang genutzt werden wie die anderen Linien. Wenn die Busse durchschnittlich mit weniger als einem Passagier besetzt sind, lohnt sich der Betrieb nicht mehr.“


Weil die Innenstadtlinie häufiger an Goethes Ginkgobaum vorbei kommt, wurde Busfahrer Frank Kebschull (Mitte) von Grünen-Stadtrat Jan Kreyßig (links) mit einem Ginkgo beschenkt. Hans-Joachim Fein bekam eine Tafel Merci-Schokolade. Foto: Sabine Brandt

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