Antrag: Weimar erkennt den Climate Emergency an und erhöht das Tempo zur klimaneutralen Stadt

Anfragen und Anträge, Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, eingereicht zur Stadtratssitzung am 03.07.2019

27.06.19 –

Anfragen und Anträge, Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, eingereicht zur Stadtratssitzung am 03.07.2019

1. Der Weimarer Stadtrat schließt sich der Resolution zur Ausrufung des Climate Emergency an und anerkennt damit die Eindämmung des Klimawandels und seiner schwerwiegenden Folgen als Aufgabe von hoher Priorität.

2. Die Stadt Weimar berücksichtigt ab sofort die Auswirkungen auf das Klima bei jeglichen Entscheidungen und bevorzugt Lösungen, die sich positiv auf Klima-, Umwelt- und Artenschutz auswirken. Hierzu wird für sämtliche Beschlussvorlagen und Anträge ab Januar 2020 die Angabe „Auswirkungen auf den Klimaschutz“ mit den Auswahlmöglichkeiten „Ja, positiv“, „Ja, negativ“ und „Nein“ verpflichtender Bestandteil. Wird die Frage mit „Ja, positiv“ oder „Ja, negativ“ beantwortet, muss die jeweilige Auswirkung in Zusammenarbeit mit dem Klimaschutzbeauftragten in der Begründung dargestellt werden. Ziel ist es, bei allen Maßnahmen die Auswirkung auf das Klima so gering wie möglich zu halten bzw. Maßnahmen mit höherer Klimafreundlichkeit zu fördern. Dieser Grundsatz wird auf die städtischen Beteiligungen übertragen.

3. Der Oberbürgermeister wird beauftragt, Maßnahmen zum städtischen Klimaschutz auszuarbeiten. Ziel ist eine drastische Reduktion der CO2-Emissionen in Weimar bis 2030. Folgende Maßnahmen zur Beschleunigung der Klimaschutzziele werden prioritär geprüft und dem Stadtrat zur Beschlussfassung vorgelegt:

a. Klimaneutrale Energieversorgung von Neubauten Soweit die Stadt über städtebauliche Verträge, Grundstückskaufverträge, Erbbaurechts- oder Nutzungsverträge oder evt. anderweitige Vereinbarungen über eine entsprechende Handhabe verfügt, wird für Neubauten eine in der Jahresbilanz klimaneutrale Energieversorgung mit möglichst hohem Anteil lokal verfügbarer regenerativer Energien als Ziel fixiert.

b. Nachhaltigen Verkehr stärken Der Oberbürgermeister wird beauftragt, schnellstmöglich das gesamtstädtische Verkehrskonzept mit der Prämisse des Vorranges des Klimaschutzes zu überarbeiten und dem Stadtrat zur Beschlussfassung vorzulegen. Ziel dieses Verkehrskonzeptes ist der Vorrang für den Umweltverbund aus ÖPNV, Rad- und Fußverkehr zur Verminderung des motorisierten Individualverkehrs. Die im Radverkehrskonzept der Stadt aufgeführten Maßnahmen müssen konsequent umgesetzt und das Konzept schnellstmöglich fortgeschrieben werden.

c. Maßnahmen zur Erhöhung der Sanierungsrate im Stadtgebiet Die Verwaltung wird aufgefordert, bis 31.12.2020 mehrere Varianten für ein Anreizprogramm zur Sanierung des privaten Gebäudebestands vor allem in der Kernstadt zu prüfen und dem Stadtrat zusammen mit anderen möglichen Maßnahmen zur Beschlussfassung vorzulegen.

d. Fortschreibung des Klimaschutzkonzeptes Die Verwaltung wird beauftragt, das integrierte Klimaschutzkonzept der Stadt Weimar fortzuschreiben und schnellstmöglich zur Beschlussfassung vorzulegen. Dabei soll das Konzept um den Themenbereich Mobilität sowie einen detaillierten Maßnahmenplan zur Umsetzung bis 2030 ergänzt werden.

4. Der Oberbürgermeister wird beauftragt, sich auch innerhalb der städtischen Beteiligungen, insbesondere der Stadtwerke Weimar GmbH, der Stadtwirtschaft Weimar GmbH sowie der Weimarer Wohnstätte GmbH, für die Umsetzung klimarelevanter Maßnahmen einzusetzen. Dazu gehören neben der Einführung von E-Bussen auch verstärkte Investitionen in den Ausbau Erneuerbarer Energien vor Ort und Mieter*innenstrommodelle. Die städtischen Beteiligungen werden dazu aufgerufen, sich verstärkt im Klimaschutz zu engagieren und dem Stadtrat dazu jährlich Bericht zu erstatten.

5. Der Oberbürgermeister wird aufgefordert, dem Stadtrat und der Öffentlichkeit halbjährlich über Fortschritte und Schwierigkeiten bei der Reduktion der Emissionen Bericht zu erstatten.

6. Die Stadt Weimar informiert die Bevölkerung Weimars umfassend über den Klimawandel sowie über Maßnahmen, welche gegen den Klimawandel zu ergreifen sind und von der Stadt selbst ergriffen werden.

7. Die Stadt Weimar fordert auf allen politischen Ebenen die Einhaltung des 1,5 Grad-Ziels und arbeitet dabei auch mit anderen Kommunen zusammen.

Begründung:

Die Folgen des von der Menschheit verursachten Klimawandels sind irreversibel und weltweit zu spüren – so auch in Weimar. Die globalen Temperaturen sind gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter um 1 Grad Celsius gestiegen, weil die CO2-Konzentration in der Atmosphäre von 280 ppm auf über 400 ppm angestiegen ist. Um eine unkontrollierbare globale Erwärmung mit nicht absehbaren Folgen zu verhindern, ist es unerlässlich, die Treibhausgasemissionen schnellstmöglich massiv zu reduzieren. Der Stadtrat erkennt jedoch an, dass die bisherigen Maßnahmen und Planungen nicht ausreichen, um die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen und schließt sich daher der Ausrufung des Klimanotstandes aus. Bereits 1,5 °C Erderwärmung führen unter anderem dazu, dass der steigende Meeresspiegel riesige Küstengebiete unbewohnbar macht. Die Weltbank schätzt, dass in den kommenden 30 Jahren die Zahl der Klimaflüchtlinge auf über 140 Millionen Menschen ansteigen wird. Auch in Thüringen wird der Klimawandel zu spüren sein, so werden zum Beispiel Landwirtschaft und Stadtklima von den Folgen unmittelbar betroffen sein. Der Klimawandel ist also nicht bloß ein Klimaproblem: Er ist auch ein Wirtschafts-, Sicherheits-, Tierschutz- oder Friedensproblem. Mit ihm kommen enorme Probleme und Kosten auf die Städte dieser Welt zu. Daher ist es dringend erforderlich, jetzt auf allen Ebenen von Gesellschaft und Politik zu effizienten und konsequenten Maßnahmen zu greifen, um die Erderhitzung noch aufzuhalten. Weltweit haben Kommunen wie Los Angeles, London, Konstanz und Kiel den Klimanotstand ausgerufen und damit ein Signal gesetzt: Es ist Zeit zu handeln. Besonders auf lokaler, auf kommunaler Ebene kann besonders viel für den Klimaschutz getan werden – denn große CO2-Emmittenten wie Verkehr, Wohnen und Energie liegen wesentlich auch im Einflussbereich der Kommune. Daher muss alles dafür getan werden, um lokal den CO2-Ausstoß zu verringern – schon allein um teure Folgekosten der Klimakrise zu vermeiden. Schon mit der Agenda 21, 1992 in Rio de Janeiro unterzeichnet, wurde die Verantwortung der Kommunen für eine nachhaltige Entwicklung eindeutig klargestellt. Diese Verantwortung gilt es für den Klimaschutz zu erneuern, um dem Fortschreiten des Klimawandels entgegenzuwirken.

Kategorie

Anfragen und Anträge | Umwelt