Rede zum Haushaltsentwurf 2020

Rede, Stadtratssitzung, 29.01.2020 Andreas Leps, Fraktionsvorsitzender BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, für die Stadtratsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

30.01.20 –

Rede, Stadtratssitzung, 29.01.2020

Andreas Leps, Fraktionsvorsitzender BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, für die Stadtratsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

(Anrede)

Gestatten Sie mir zunächst ein paar Worte zum Verfahren. Wir reden über den ersten Haushalt einer neuen Wahlperiode des Stadtrates. Es ist ein Werk von 1100 Seiten. Davon sind 200 völlig neu. Das Werk enthält hunderte Umschichtungen. Dadurch ist es selbst für erfahrene Stadträtinnen und Stadträte nicht leicht, das Papier nachzuvollziehen. Das gilt erst recht für die Neuen im Rat, das sind ca. ein Viertel. Wir hätten uns dafür mehr Zeit gewünscht. Ein späterer Beschluß wäre auch hinsichtlich der Berücksichtigung von angekündigten höheren Landeszuschüssen sinnvoll - und ohne ernsthaften Schaden für die Stadt möglich.

Natürlich ist es von Vorteil, dass ein Haushalt zeitig im Jahr oder sogar davor noch beschlossen wird, das gibt Sicherheit gerade denen, die von dem Haushalt profitieren. Dieser Verantwortung stellen wir uns. Genauso wie der Verantwortung für den gesamten Haushalt. An dieser Stelle weise ich darauf hin – wir hier – die Rätinnen und Räte, wir sind ehrenamtlich tätig, wir machen das neben der täglichen Arbeit. Der unnötige Zeitdruck bei dieser wichtigsten Entscheidung des Jahres trägt nicht dazu bei, dass man sich ernst genommen fühlt.

Zweite Vorrede: Ich will hier gleich die Gelegenheit nutzen und mich bedanken, für meine Fraktion, bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadtverwaltung und der städtischen Betriebe für Ihr Engagement und ihre gute Arbeit im Sinne unserer gemeinsamen Sache. Und traditionell geht auch ein Dank an die Mieterinnen und Mieter der Wohnstätte. Mit den Überschüssen der Wohnstätte ist es wiederholt gelungen, den Haushalt rund zu machen. Danke schön!

Nun zum Inhalt des Haushaltes:

Australien brennt. Ja, das ist weit weg, weit weg in Australien verbrennen Millionen Bäume, Hunderttausende Tiere, Tausende Häuser, Millionen an Werten. Die Ursachen sind aber klar – alles spricht für die Folgen des Klimawandels. Und der Klimawandel ist menschengemacht. Wir sind daran beteiligt. Ja, Australien ist weit weg. Aber ist der Klimawandel wirklich so weit weg? In Deutschland war 2019 das zweitheißeste Jahr seit 1881. Acht der 10 heißesten Jahre weltweit hatten wir seit 2010. Das Jahr 2019 war u.a. in Australien das heißeste.

Klar ist Klimaschutz nicht alles … aber ohne Klimaschutz ist letztlich alles nichts. Diese einfache Formel muss auch im kommunalen Handeln gelten. Erschreckend wenig findet sich jedoch im Entwurf des städtischen Haushaltes. Für Neupflanzungen von Bäumen oder Investitionen in Radinfrastruktur war zunächst kein einziger Euro geplant – das hat sich auf unsere Anregung hin geändert. Immerhin. Und ja – wir investieren mit dem Haushalt viel Geld in die Umrüstung der Straßenbeleuchtung - mehrere hunderttausend Euro – von über 230 Millionen. Ausdrücklich begrüßen wir die deutliche Erhöhung der Mittel für die Unterhaltung städtischer Gebäude, jahrelang haben wir darauf hingewiesen, dass wir die Substanz verzehren. Aber - es fehlt an modernen Eckpunkten: - an zusätzlichen Mitteln im ÖPNV – wir wollen ein 1-€-Ticket für Kinder und Jugendliche - oder für die Umsetzung des Klimakonzeptes. Letztes ist von 2008 und dümpelt seit Jahren in den Schubladen.

Statt auf kommunalen Klimaschutz wird auf Neuversiegelung von wertvollem Boden gesetzt – es sollen Flächen für ein neues Gewerbegebiet angekauft werden. Ein Problem dabei ist – das gewünschte Gebiet zwischen Autobahn und Gelmeroda wird schon wirtschaftlich genutzt. Es soll der einen Wirtschaft weggenommen und einer anderen - vermeintlich besseren - zugeführt werden – das ist Politik des 20. Jahrhunderts.

So riecht der ganze Haushalt - vor 25 Jahren wäre das ein fortschrittlicher Haushalt gewesen, den wir unterstützt hätten – mit einem Schwerpunkt auf Wirtschaft und technischen Umweltschutz, der wiederum durch Aufträgen den Betrieben der Region zugute kommt. Heute braucht es modernes Gedankengut.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN möchte einiges im Haushalt ändern, Umschichtungen von über 4 Millionen Euro sieht unser Ursprungsantrag vor.

Wir setzen auf neue Bäume auch als Anpassung an den Klimawandel - die jetzt eingestellte Summe von 20 T€ ist noch weniger als die durch Haushaltssperre gekürzte Summe des Vorjahres – dabei stehen Sie, Herr Oberbürgermeister, schon bei den Anwohner*innen der Prellerstraße im Wort.

Wir setzen auf Baumpflege, damit die Bäume den Klimawandel möglichst lange überstehen.

Wir setzen auf Klimaschutzprojekte, wir setzen auf die Förderung des klimafreundlichen Verkehrs per Rad, per Bus oder zu Fuß.

Solche Investitionen müssen Standard im kommunalen Haushalt werden.

Neben den großen Bauprojekten sind uns auch die kleinen Dinge wichtig:

Deswegen wollen wir Geld für neues Stadtmobiliar wie Sitzbänke oder Abfalleimer – auch hier steht der Oberbürgermeister mit der Übernahme unseres Antrages *100 Bänke für Weimar* im Wort. Das Ergebnis – null Euro im Haushalt – ist nachlesbar.

Wir setzen auf Blühwiesen für Bienen – ebenfalls Null trotz Zusage.

Wir setzen auf Spielplätze, auf kulturelle Projekte wie den Yiddish Summer.

Wir wollen die Sanierung des mon ami zu Ende bringen.

Wir wollen den Tierschutz fördern mit einem Katzenfreigehege im Tierheim.

Das alles steht nicht im Haushalt des Oberbürgermeisters.

Mit unserem Änderungsantrag hätte auch die Neuverschuldung der Stadt gesenkt werden können. Unsere Punkte waren seriös durchgerechnet.

Mit den gerade zusätzlichen übernommenen Punkten wird sich die Neuverschuldung der Stadt um weitere 227 tausend Euro auf nun 5,1 Mio erhöhen. Das ist keine nachhaltige Politik im Sinne des Besten für unsere Stadt.

Wir wenden uns auch gegen weitere Verkäufe von städtischem Tafelsilber, wie Grundstücken und Immobilien. Moderne Politik schafft Möglichkeiten für regelmäßige Einnahmen statt diese durch Verkäufe weiter einzuschränken.

Gestern im Finanzausschuss erst hatten wir ein schönes Beispiel: Verkaufen wir das GIZ in Legefeld jetzt für 950 T€ oder kassieren wir weiter die Miete? In 20 Jahren haben wir allein durch die Miete 100 T€ an Mehreinnahmen.

Ja - sie haben recht, Herr Oberbürgermeister. Vielleicht ist das Ideologie, was wir hier wollen. Denn wir – Bündnis 90/DIE GRÜNEN - glauben daran, dass es noch nicht zu spät ist, das Steuer herumzuwerfen. Wir wollen, das Weimar eine zukunftsfähige Stadt wird. Wir wollen nicht länger das Schlußlicht in Sachen Klimaschutz sein. Wir wollen, das unsere Stadt nicht länger das Schlußlicht bei der Verschuldung ist und trotzdem alle Verpflichtungen stemmen kann. Wir glauben daran, dass das möglich ist und wir haben ein paar Möglichkeiten aufgezeigt.

Die Zeiten des „Das haben wir schon immer so gemacht, das hat sich bewährt“ – sind vorbei. Das zu bedauern, ist richtig. Wir müssen uns aber damit auseinandersetzen, davon lernen, es neu und anders machen. Das genau ist der Sinn von Politik – mit guten Kompromissen – die beste Sache für die Polis, unsere Stadt, herausholen.

Wir haben gezeigt – jüngst in der Sache Sicherer Hafen oder bei Bebauungsplänen, dass wir zu Kompromissen bereit sind. In diesem Haushalt sehen wir das – leider - nicht.

Ich danke für die Aufmerksamkeit.

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Haushalt und Finanzen | Reden