Rede zum Entwurf des Haushalt der Stadt Weimar für das Jahr 2017

Rede, Stadtratssitzung, Dezember 2016 Andreas Leps, Fraktionsvorsitzender Bündnis 90/DIE GRÜNEN

07.12.16 –

/Es gilt das gesprochene Wort./

Frau Vorsitzende, Herr Oberbürgermeister, liebe Gäste, werte Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren,

es ist Adventszeit. Und wir reden über den Haushalt des Jahres 2017. Das ist gut. Damit wird eine Forderung von Bündnis 90/DIE GRÜNEN aufgegriffen, den Haushalt zeitig einzubringen, damit er rechtzeitig beschlossen werden kann.
Ein rechtzeitig beschlossener Haushalt ist ein Wert an sich. Er gibt vor allem Planungssicherheit – der Stadt bei ihren Investitionen und all jenen – großen Institutionen und kleinen Initiativen – die auf Geld aus dem städtischen Haushalt setzen.

Allerdings war der Zeitdruck, unter dem all das zustande kam, alles andere, aber nicht gut. Innerhalb von 14 Tagen ist es eigentlich unzumutbar, einen Haushalt zu besprechen, zu debattieren und zu beschließen. Wir lassen uns darauf nicht gern ein – und nur der Planungssicherheit wegen überhaupt.

Also zur Planungssicherheit: Die Adventszeit ist ja auch die Zeit der Wunder. Eltern z.B. vollbringen in dieser Zeit ja einige Wunder - vielleicht gestern erst - zum Nikolaustag und hoffen, dass ihre Kinder möglichst lange an ihre Wunder glauben.

Dieser Haushalt ist auch ein Wunder. Was da plötzlich alles geht, was viele Jahre zuvor nicht ging. Ich schwanke zwischen Begeisterung, Sprachlosigkeit und Empörung.

Kurz zusammengefasst: Der Anstieg bei den Personalkosten wird gebremst und das trotz neuer Personalstellen. Im Sozial- und Jugendhilfebereich werden die Ausgaben gebremst. Die Zuschüsse an Einrichtungen und Initiativen sind auf einem Niveau wie lange nicht mehr und zwar in allen Bereichen. Das Sozialticket wird es endlich mal wieder ohne monatelange Unterbrechung geben. Das alles funktioniert ohne Steuerhöhungen. Das alles funktioniert einfach so in diesem Haushalt.

Das ist ein kleines Wunder. Wir staunen.

Irgendwann aber fragen dann die Kinder die Eltern: Wie kommt eigentlich der Nikolaus in die Wohnung herein? Dann wissen die Eltern – es wird eng, das Wunder kann nicht mehr lange bestehen.

Wie lange besteht unser 850-Seiten-Wunder? Ist es realistisch, darauf zu hoffen, das das Wunder das Jahr 2017 übersteht?

Bei uns in der Geschäftsstelle laufen bereits die Wetten, ob vor oder nach Ostern die Haushaltssperre kommt. Denn – machen wir uns nichts vor - Dies ist ein Best-Case-Haushalt, in wahrscheinlich fast allen Positionen. Das hat mit einer vorsichtigen Kalkulation, die man aus Wirtschaftsunternehmen kennt, nicht viel zu tun. Es kann so funktionieren – aber die Wahrscheinlichkeit ist nicht sehr hoch.

Wir hegen jedenfalls einige Zweifel. Bei den Personalkosten z.B. und im Sozialbereich teilen wir die Einschätzung des Jugendhilfeausschusses – das die Haushaltsansätze nicht ausreichen.

Einen für uns kritischen Punkt will ich hier explizit ansprechen – das Haus der Weimarer Republik. Wenn wir den Geldsegen vom Bund ausschließlich als Vehikel sehen, die Coudraysche Remise am Theaterplatz, eines der letzten Filetstücke an städtischen Immobilien, zu sanieren, um es zu sanieren und danach, so ab 2020 einer anderen Nutzung zuzuführen – dann sollten wir den Schneid und die Ehrlichkeit besitzen, das auch so zu sagen.

Denn das vorgelegte Konzept des Vereines wird auf Dauer wohl nicht tragen. 2019 geht das gut. Und danach? Wir haben in den letzten Wochen viele Gespräche geführt, um herauszufinden, was 2020 und danach passieren soll, sowohl inhaltlich als auch und vor allem in finanzieller Hinsicht. Wir können nicht ruhigen Gewissens das Haus einer unbestimmten und finanziell unsicheren Nutzung zuführen.

Das fällt mir auch persönlich als Historiker nicht leicht, ich kenne ja die Vorbilder in Hambach, in Heidelberg, in Frankfurt. Und ich sehe auch, dass eine Erinnerungs-, Forschungs- und Bildungsstätte zur ersten deutschen Demokratie hier in Weimar gut passen würde. Das vorliegende Konzept überzeugt uns aber nicht, vor allem in finanzieller Hinsicht. Wir wollen das Quartier mit Beteiligung des Rates und der Öffentlichkeit entwickeln. Die Folgekosten für die Stadt zu minimieren, ist dabei unser bleibendes Ziel. In dieser Hinsicht werden wir das Projekt daher weiter kritisch begleiten.

Zum Schuldenstand:
Sie wissen selbst, meine Damen und Herren, der ist sehr hoch. Hier muss etwas getan werden. Wir schrammen wieder kurz an der Zwangsverwaltung vorbei, ich verwiese auf die Rücklagen, die wir nicht haben, oder die Höhe der Zuweisung an den Vermögenshaushalt.

Die neue Haushaltsstelle zur Baumpflege begrüßen wir allerdings sehr. Für das nächste Jahr kündige ich schon jetzt einen Antrag zur Erhöhung der Mittel an. Gelder für neue Bäume sind dagegen nicht im Haushalt eingestellt.

An dieser Stelle richte ich unseren Dank an die Mieterinnen und Mieter der Wohnstätte. Die drei Millionen Zuführung, ihre drei Millionen, retten unseren Haushalt. Sie ermöglichen uns ein paar sinnvolle Investitionen in Schulen und Kindertagesstätten oder das Schwanseebad. Endlich geht es mit der Sanierung los!

Trotzdem ist erneut klar festzustellen: Wir fahren unsere Infrastruktur auf Verschleiß.

Von unseren Änderungswünschen sind einige Kleinigkeiten übernommen worden:

- die Weiterarbeit am Bildungsleitbild wird möglich

- wir erhöhen die Mittel für Ersatzkäufe der Stadtbibliothek

- Es gibt mehr Geld für Spielplätze, mehr Geld für Bolzplätze wäre ebenso gut

- Es gibt etwas mehr Geld für die Unterhaltung der Radwege

- Wir wollen investieren in Energieeinsparung und zugleich in den Klimaschutz, dort engagieren wir uns viel zu wenig, und wollen die Straßenbeleuchtung auf LED umstellen

- und wir wollen investieren in weitere Radabstellanlagen.

Meine Damen und Herren,

glauben Sie an Wunder? Wunder haben vor allem damit zu tun, das an sie geglaubt wird, das an denjenigen geglaubt wird, der einem die Wunder präsentiert.

Ob das 850-Seiten-Wunder aufgeht, werden wir wohl erst im nächsten Advent wissen. Die Hoffnung bleibt.

Wir haben lange in der grünen Fraktion gerungen, wie wir abstimmen.
Und es fällt uns nicht leicht.

Ich danke für die Aufmerksamkeit.

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Haushalt und Finanzen | Reden